Herpes
Das Karnickel im Hut (25.03.2011)
Das kleine Wörtchen „Herpes“ führte jahrzehntelang ein Schattendasein. Nun ist es ja nicht so, dass sich neuerdings Mitbürger damit brüsten, Herpes zu haben, vielmehr werden sie aber ab jetzt stolz erklären, „die neue Herpes“ zu haben. Grund hierfür ist natürlich jene Berliner Band, welche mit ihrer Hitsingle „Fette Muttis“ und dem Debütalbum „Das kommt vom Küssen“ für Furore sorgte. Selbst ins traditionell eher deutschenskeptische Großbritannien wurden Herpes eingeladen und Fehlfarben ließen sie im vergangenen Jahr für ihre Tour eröffnen.
Nun legen Herpes nach: „Symptome und Beschwerden “ heißt das zweite Album. Der Herpes-Sound zwischen knochentrockenem Artschool Punk (Devo, Gang of Four, frühe Mekons) und den mittleren Goldenen Zitronen wurde in hier und dort mit deutlichen Krautrock-Einflüssen verfeinert. Natürlich nicht der Hippie-Blues-Rock-Krautrock, sondern eher der Neu-Krautrock. Dargeboten mit einer Vehemenz und Selbstverständlichkeit, als hätten Herpes von den genannten Bands noch nie einen Ton gehört (kann ja sein, muss man mal fragen). Oder als würden Suicide Pere Ubu covern.
„Symptome und Beschwerden“ ist ein schroffes und gleichzeitig elegantes Album, Hysterie und Lakonie geben sich die Hand. „Ich hasse diese Stadt, die mich zum Mann gemacht“ singt Herpes- Frontmann Florian und huldigt auf seine Art noch mal der Stadt, die Herpes mit dem Hit „Very Berlin“ erst so richtig bekannt gemacht hat. Solange Frustration bei jungen Leuten zu solchen Alben führt, wünscht man sich selbige ja geradezu herbei. Ein böser, ein egoistischer Gedanke.